„Der Ritterspiegel“ des Johannes Rothe (4.108 Verse) ist die umfangreichste ritterliche Standeslehre des Mittelalters in deutscher Sprache. Sie wurde für junge Adlige vermutlich im Zusammenhang mit Rothes Tätigkeit als Schulleiter in Eisenach ab 1414 verfasst. Abgesehen von der literarhistorischen Bedeutung als Lehrgedicht, ist das Werk eine reiche Quelle für die Kultur- und Rechtsgeschichte des Rittertums, welche die traditionellen Züge des Standesmodells auf die Situation des 15. Jahrhunderts zuspitzt. Rothes Tugendadel-Konzept impliziert soziale Mobilität, also Auf- und Abstieg innerhalb der Ständehierarchie. Erörtert werden eine Geschichte des Rittertums; das Recht auf die Führung von Wappen und sieben Standesprivilegien; Regeln zu Kampf und Kriegsführung, die christlich moralisierend oder rein praktisch ausgerichtet sind; Aufgaben des Heerführers; Bedeutung der Astrologie. Der thüringische Text wurde auf Basis der Kasseler Handschrift neu ediert und übersetzt, der Kommentar erschließt sprachliche Fragen, historische Bezüge und den Quellenfundus des Werkes.