Obwohl das thematische Zentrum von Geschlechterbeziehungen, Liebe, Ehe und Erotik der beiden werkgenetisch aufeinander bezogenen Erzählzyklen Kellers etliche feministische und gendertheoretische Forschungsarbeiten provoziert hat, ist es bisher nicht gelungen, deren narrativer Komplexität im Hinblick auf die Inszenierung des Geschlechterdiskurses gerecht zu werden. Dazu untersucht die vorliegende Arbeit vor dem Hintergrund der Rekonstruktion relevanter gesellschaftlicher und literarischer Diskurse der Zeit die Eugenia-Legende und die Novellen des Sinngedichts als Einzeltexte in ihrem Umgang mit Ideologien, Diskurselementen, poetischen Bildern, literarischen Handlungsmustern, diskursiven Argumentationsstrukturen, (Form-)Zitaten und weiteren intertextuellen Bezügen. Ziel der Studie ist es, dabei erstmalig auch den kalkulierten Einsatz ironischen Sprechens durch den Autor als Medium der Geschlechterideologiekritik hervorzuheben sowie diejenigen literarischen Verfahrensweisen und Techniken Kellers zu evaluieren, die die Spezifik von dessen Texten im Umgang mit stereotypen Konstanten des Geschlechterdiskurses des 19. Jahrhunderts entscheidend bestimmen.