In Ingeborg Bachmanns Roman „Malina“ steht hinter dem Ich keine gesicherte Identität mehr. Ein Sachverhalt, der in der Literatur des 20. Jahrhunderts häufig zu beobachten ist. In ihrem Roman erprobt Bachmann eine Form der Autoproduktion: Durch das Erfinden und „Erschreiben“ einer eigenen Geschichte erschafft das weibliche Roman-Ich seine eigene Existenz. Dies hinterlässt Spuren im formalen Aufbau des Romans, die heraus gearbeitet werden: Anhand der theoretischen Grundlagen Gérard Genettes werden die erzählerischen Mittel sichtbar, derer sich das Ich zunehmend bedient. Dazu gehört der Einsatz von Prolepsen und Analepsen, die die zeitliche Ordnung im Roman steuern, das Verfügen über narrative Tempi und über die Wiederholungsbeziehung zwischen Erzählung und Geschichte. Auch die Perspektive („Modus“), aus der die Handlung beschrieben wird, erweitert zunehmend die erzählerischen Möglichkeiten des Ich. Dieses Ich, das sich zunächst im haltlosen Heute wiederfindet, erobert sich Stück für Stück die Souveränität eines Erzählers, was sich in einem Übertreten der formalen Erzählebenen innerhalb des Textes andeutet. Im paradoxen Schaffensprozesses bleiben die schmerzhaften Fragen jedoch bestehen: Wofür bin ich nützlich? Und welchen Wert hat meine selbst geschriebene (Liebes-) Geschichte in der logisch organisierten, vernunftdominierten Welt?