Am 27. September 2001 tötete der 57-jährige Friedrich Leibacher im Kantonsparlament von Zug (CH) 14 Abgeordnete; 15 weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Täter ließ seinen Opfern keinerlei Möglichkeit der Gegenwehr und erschoss sich auf dem Regierungspodest selbst.Amoktaten gelten gemeinhin als besonders irrational, unvorhersehbar und unverständlich, sind damit aber kaum einer Prävention zugänglich. Demgegenüber versucht die hier vorliegende kriminologische Studie, die Möglichkeiten zur Erklärung vorgängiger Prozesse auszuloten.Diese Einzelfallanalyse stellt eine Ausnahme in der deutschsprachigen Amokforschung dar: Zur Untersuchung der Zuger Ereignisse konnte auf die vollständigen Ermittlungsakten, aber auch auf zahlreiche Originalschriften des späteren Täters zurückgegriffen werden.Die Anwendung von verschiedenen Theorien unterstützt zwar die Einblicknahme in das Denken, Fühlen und Handeln des späteren Mörders. Dennoch bleiben Fragen zur Entscheidung und Umsetzung seiner Mehrfachtötung offen. Deshalb wird in einem weiteren Schritt ein sogenanntes Fragmentierungs-Entgrenzungs-Modell (FEM) entworfen. Mit dessen Hilfe lässt sich rekonstruieren, wie der Täter in sich jegliche Tötungshemmung abbaut und zielgerichtet zum Gestalter seines mörderischen Handelns wird.Die Untersuchung des Falls Friedrich Leibacher vermittelt fruchtbare Anregungen für die weitere kriminologische Erforschung von Amok und ist ein Beitrag zur Kriminalprävention.