Kontrafaktische Geschichtsdarstellung ist ein Verfahren zur literarischen Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen und kollektiven Geschichtsbildern. Im zwanzigsten Jahrhundert wird es zum Charakteristikum einer Sonderform des historischen Romans. Der Verfasser untersucht sie vor dem Hintergrund eines Paradigmenwechsels in der Geschichtstheorie und -philosophie und beschreibt ihre Funktionsweise fiktionstheoretisch als Praktik des textinternen Überschreibens bekannter Sachverhalte jenseits des Textes. Die vergleichende Analyse von Beispielen aus der deutsch- und englischsprachigen Literatur - Günter Grass' Der Butt, Thomas Pynchons Gravity's Rainbow, Thomas Brussigs 'Helden wie wir', Michael Kleebergs 'Ein Garten im Norden', Philip Roths 'The Plot Against America' und Christoph Ransmayrs 'Morbus Kitahara' - erbringt den Nachweis, dass sich Bausteine einer Poetik des Kontrafaktischen ermitteln lassen. Darauf aufbauend entwickelt die Studie eine Typologie kontrafaktischen historischen Erzählens.

Wir gratulieren unserem Autor Martin Widmann zum Marta-Cassens-Preis 2012 für seinen Roman "Die Glücksparade"