Trotz einer neuen Aufmerksamkeit im Zuge des ‚spatial turn‘ hat man sich in der Narratologie bisher nicht systematisch mit den basalen Fragen der Beschreibung von Raum in Erzähltexten beschäftigt. Diese Lücke zu schließen ist das Ziel der vorliegenden „Narratologie des Raumes“, die sich auf fiktionale Erzähltexte und auf den konkreten Raum beschränkt, in dem sich Figuren aufhalten können. Dieser wird als mentales Modell konzipiert, das im Zusammenspiel von Textstrukturen und Wissen bei einem Modell-Leser entsteht. Die einzelnen Kapitel thematisieren die sprachliche Erzeugung von Raum, seine narrative Vermittlung durch das Erzählen von Ereignissen, von Wahrnehmungen und durch Beschreibungen, Raumstrukturen und raumspezifische Wissenskonfigurationen. Dazu werden auch Konzepte der kognitiven Psychologie, der kognitiven Linguistik, der Pragmatik, der Philosophie, der Sozialgeographie und der evolutionären Psychologie herangezogen. Die erarbeiteten Begriffe werden an Textbeispielen unterschiedlicher Genres und Entstehungszeiten von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart erprobt. Die bisherige Forschung zum Raum im Erzähltext findet sowohl in einem Forschungsbericht mit abschließender tabellarischer Übersicht als auch zu Beginn der Einzelkapitel Berücksichtigung.