Immer mehr Politikbereiche entziehen sich den traditionellen Mitwirkungsmöglichkeiten und demokratischen Kontrollmechanismen einer regional und national organisierten Öffentlichkeit. Politisches Lernen ist ohne eine Berücksichtigung der europäischen Perspektive in kaum einem Politikfeld mehr effektiv und sinnvoll praktizierbar, da sowohl politische Probleme als auch deren Handlungs- und Lösungsmöglichkeiten nicht allein auf nationaler und regionaler Ebene verstehbar und ausführbar sind. Die kognitive und emotionale Bewältigung von Komplexitäts- und Entgrenzungserfahrungen infolge der Internationalisierung politischer Probleme sowie die Verlagerung politischer Kompetenzen im Mehrebenensystem stellen neuartige Herausforderungen an politische Lernprozesse. In der Studie wird ein politikdidaktischer Ansatz zur normativen Begründung politisch-demokratischer Europakompetenzen hergeleitet und auf der Grundlage einer umfangreichen qualitativen Unterrichtsforschung empirisch verankertet. Die Analyse der Alltagsdeutungen und Fachkonzepte von Schülerinnen und Lehrern sowie die systematische Auswertung von über 60 europabezogenen Unterrichtsstunden verdeutlichen, inwiefern die Entwicklung eines regional verorteten europäischen Problembewusstseins und konzeptuellen Deutungswissens den Ausgangspunkt und die Grundlage zur Entwicklung bürgerschaftlicher Urteils- und Handlungskompetenzen darstellen