In dem Dokument „Das Christentum und die Weltreligionen“ (1996) fordert die Internationale Theo-logenkommission dazu auf, dass die respektvolle Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsanspruch anderer Religionen „eine Rolle im Zentrum der täglichen Arbeit der Theologie spielen“ muss – und das aus theologischen Gründen, da „Achtung vor der ,Andersheit‘ der verschiedenen Religionen … ihrerseits durch den eigenen Wahrheitsanspruch bedingt“ ist. Zwischen dieser Aufforderung und den Curricula an den theologischen Fakultäten besteht eine eklatante Diskrepanz. Bis heute liegt im deutschsprachigen Raum kein einziges katholisches Lehrbuch zur Religionstheologie vor. Nach einem halben Dutzend Übersetzungen in andere Sprachen hat es das Hauptwerk von Jacques Dupuis ver-dient, diese Lücke zu schließen.
In seinem religionstheologischen Ansatz geht Jacques Dupuis davon aus, dass die Pluralität der Reli-gionen einen gottgewollten Reichtum wiederspiegelt. Sie ist eine Ausfaltung der einen Heilsökono-mie Gottes, der durch den Christuslogos und im Heiligen Geist wirkt. Religiöser Pluralismus ist dann nicht nur eine Faktizität, die ertragen werden muss, sondern muss aus innerster christlicher Glau-bensüberzeugung positiv bewertet werden. Dementsprechend versucht Dupuis in einem trinitarisch-christologischen Modell eine Vermittlung der Grundanliegen des religionstheologischen Inklusivismus und Pluralismus, also der Bewahrung der eigenen christlichen Identität und der Anerkennung ande-rer religiöser Traditionen. Dupuis hat einen Weg eingeschlagen, er beschreibt nicht das Ziel. Er legt allergrößten Wert darauf, diesen Weg in der Theologie- und Lehrtradition der katholischen Kirche zu beschreiten, deshalb ist dem systematischen Teil seines Buches ein ausführlicher historischer Über-blick vorgeschaltet. Bei allem Wissen um die unhintergehbare Geschichtlichkeit und somit Vorläufig-keit jedes Bekenntnisses unternimmt Dupuis mit seiner Theologie des religiösen Pluralismus keinen Auszug aus der Kirche, sondern etabliert – bestärkt durch jahrzehntelange persönliche Erfahrungen mit den religiösen Traditionen Indiens – die Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs und der daraus folgenden Religionstheologie im Zentrum christlicher Theologie. Religionstheologie ist ein Herzstück, kein Adiaphoron.