Durch die Fokussierung auf die Rolle der deutschen Volkssprache und ihre literarischen Zeugnisse erbringt die Untersuchung neben den fachspezifisch-altgermanistischen Ergebnissen zugleich eine Basis für eine grundsätzliche (Neu-)Bewertung des interkulturellen Verhältnisses von Juden und Christen zwischen 1150 und 1500. Fragmente des Transfers jüdischer Motive und Stoffe in die christliche Literatur des deutschen Mittelalters werden aufgezeigt, die sich als wesentlich zahlreicher und vielfältiger herausstellen, als bisher angenommen, und sich keinesfalls auf eine subliterarische Ebene und die Epoche der frühmittelhochdeutschen Literatur beschränken, sondern sowohl in geistlichen und weltlichen Zusammenhängen, in höfischer und (patrizisch-)städtischer Literatur zu finden sind. Unser Bild der mittelalterlichen deutschsprachigen Literatur wird somit um einen bedeutsamen Aspekt vervollständigt. Zudem wird ein weiterer Beitrag dazu geleistet, das Verhältnis von Juden und Christen, von Judentum und Christentum für das deutsche Mittelalter flächendeckend verstehen zu können.