Das Verhältnis zum Tode, das die deutsche Literatur zu Ausgang des 19. und vor allem während ihrer großartigen Entfaltung im 20. Jahrhundert kennzeichnet, ist sowohl ein subjektives als auch ein objektives. Objektiv, indem der Untergang der bürgerlichen Gesellschaft nachgezeichnet und die Anatomie ihres Verfalls zum beherrschenden Gegenstand der literarischen Aussage, die Unerbittlichkeit ihrer Auslieferung analysiert wird – bei aller rationalen Distanz dennoch Preisgabe an das Zukunftslose, Stehenbleiben vor dem verschlossenen Tor und damit Verlust der revolutionären und widerspruchsüberwindenden Kraft der Rationalität, subjektiv zugleich Todesverfallenheit, oftmals ästhetische Besessenheit von Seinsverlust, Anarchie und Auflösungswollust. Der Tod ist das Irrationale schlechthin, weil er das Bewußtsein der Person, der einmaligen und sich der Gattung gegenüber behauptenden Existenz, ihr qualitatives Sein
für immer auslöscht.