Die Absolutheit, mit welcher in den Neuphilologien, der Philosophie und Soziologie die Frage nach dem Verhältnis von Providenz und Kontingenz zur historisch zäsurbildenden Problematik der beginnenden Moderne erklärt wurde, verstellt bis heute den Blick auf die Geschichte des Problems. In der Tat gehen Überlegungen zur Veränderbarkeit der Geschichte durch menschliches Handeln bis auf Solon (640-560 v. Chr.) zurück. Sie finden ihre vielleicht prominenteste Fortsetzung in der Diskussion menschlichen Handlungswissens bei Aristoteles, der Stoa und in der römischen Moralphilosophie stoischer Tradition. Sie führen im 12./13. Jahrhundert nicht nur in den Bereichen der Wissenschaft, sondern gerade auch in der weltlichen Literatur zu einer ausgesprochen vielstimmigen Debatte. Die Autorin geht der komplexen Arbeit an der Kontingenzsemantik für die erzählende Literatur des Hochmittelalters genauer nach.