Hier wird Karl Philipp Moritz von einer bislang wenig bekannten Seite vorgestellt: als Experte für Bildende Kunst. Wie gezeigt wird, diente Moritz' Aufenthalt in Rom nicht nur einem Studium des antiken und modernen Rom, sondern insbesondere der Beschäftigung mit aktueller Kunst. Moritz verkehrte in den Kreisen der deutschen Künstler in Rom und setzte sich intensiv mit den Problemen künstlerischer Praxis auseinander, besonders mit der Historienmalerei. Im zweiten Jahr seines Aufenthalts bereitete sich Moritz auf sein zukünftiges Professorenamt an der Berliner Akademie der Künste vor.
Die Beschäftigung mit Bildender Kunst hatte nicht nur Einfluss auf Moritz' ästhetische Theorie, sie führte auch dazu, dass er die Konzeption seiner Reisebeschreibung mehrmals veränderte. Am Ende stand eine experimentelle Beschreibungsform, die Moritz aus dem Bewusstsein für die Problematik des Sprechens über Kunst entwickelte: Kunst- und Stadtbeschreibung greifen ineinander. Das Sehen der Stadt entwickelt sich aus der Bewegung durch diese, das Schreiben über Kunst geht aus dem Sprechen über Kunst hervor, das vor den Originalen stattfindet. Moritz entwickelte damit eine neuartige Form der Stadtwahrnehmung: der Stadtraum wird als ästhetisches Gebilde und gleichzeitig als Abbild gesellschaftlicher Zusammenhänge aufgefasst. Die Kunstbetrachtung wird auf diesen Kontext bezogen.
Moritz vollendete die 'Reisen eines Deutschen in Italien' erst nach seiner Rückkehr in Berlin, parallel zu seiner Tätigkeit als Professor für 'Theorie der Schönen Künste'. Zum Publikum seiner Vorlesungen gehörten nicht nur Berliner Studenten, sondern auch die gesellschaftliche und intellektuelle Elite der Stadt. Gleichzeitig war er als Mitglied des Senats der Akademie der Künste maßgeblich an einer durchgreifenden Reform des Lehrangebots der Akademie beteiligt. Viele Passagen in den 'Reisen eines Deutschen in Italien' können direkt auf seine Akademiearbeiten bezogen werden.