Kritische Forschungen zu den komplexen Beziehungen zwischen Militär und Gesellschaft in der späteren Habsburgermonarchie sind selten und greifen kaum innovative Anregungen der Neuen Militärgeschichte auf. So bleibt die große Beharrungskraft der noch immer sehr konventionell verfahrenden österreichischen Militärgeschichte ebenso bestehen wie deren vielfach apologetische Ausrichtung, was eine Etablierung der Historischen Friedensforschung in diesem Feld erschwert.
Vor diesem Hintergrund sammelt der vorliegende Band 16 internationale Beiträge, die an Paradigmen der Kultur-, Sozial- und Erfahrungsgeschichte ebenso anknüpfen wie an die neuere Nationalismus- und Geschlechterforschung. Sie spannen sowohl regional als auch inhaltlich einen weiten Bogen: Für die tschechische Gesellschaft wird die Frage des Antimilitarismus behandelt, für die slowenischen Gebiete Österreich-Ungarns die Einstellung der Bevölkerung zur Allgemeinen Wehrpflicht und für die Garnisonsstadt Trient das Zusammenleben von Militär und Zivilgesellschaft. Weitere Aufsätze beschäftigen sich mit Erinnerungskulturen an die Napoleonischen Kriege wie an den Ersten Weltkrieg, oder mit der Militärgrenze und dem Radetzkykult, Mannschaftssoldaten und dem militärischen „Drill“, Misshandlungen und Selbsttötungen von wehrpflichtigen Soldaten. Außerdem geraten eine „Weltumsegelung“ der Marine und „Türkenbilder“ sowie die Feldpost dreier österreichischer Historiker zwischen 1914 und 1918 und ukrainische wie polnische Soldatinnen in den Blick, neben der Kriegsinvalidenversorgung und Theateraufführungen in Kriegsgefangenenlangern. Abgerundet wird der Band durch eine profunde Quellenkunde zur österreichischen Militärgeschichte und eine Auswahlbibliographie.