Als abschreckendes Beispiel eines radikalen Skeptikers und Menschenfeindes ist Johann Karl Wezel in die Unterkapitel der Literaturgeschichte eingegangen. Für seine Zeitgenossen war er jedoch als enorm produktiver, streitbarer und vielseitig engagierter Intellektueller allgegenwärtig. Von 1772 bis 1785 veröffentlichte er Romane und Erzählungen, Schauspiele und Opern, Rezensionen und Streitschriften, pädagogische Abhandlungen sowie eine philosophische Grundlagenschrift. Danach verstummte er, verbittert, gesundheitlich schwer angeschlagen und verunsichert von den finanziellen Risiken einer prekären Autorexistenz. In seinen Schriften geißelt Wezel menschliche Torheiten und philosophische Absurditäten, doch zugleich spürt er den Möglichkeiten einer positiven Lebenshaltung nach und entwickelt Vorschläge für den Umgang mit Ungewissheit, Leiden und dem destruktiven Potential der menschlichen Leidenschaften: Nur wer die große Vielfalt menschlicher Lebensformen und die unhintergehbare Perspektivität aller Positionen anerkennt hat, kann nach Wezel einen illusionslosen Blick auf das Leben werfen, ohne daran zu verzweifeln – und dabei sogar noch Vergnügen haben.
Jutta Heinz porträtiert mit diesem Band einen Anführer aus Arno Schmidts Galerie der 'Schreckensmänner'.
'Ich muß gestehen, daß dieses sonderbare Meteor an unserm litterarischen Lufthimmel, seitdem es im Jahr 1776 so unvermutheter Weise mit Dampf und Knall für mich verschwand, nach und nach sich auch aus dem ziemlich großen Kreise meiner Erinnerungen so gänzlich verlor, daß mir von dem [.] bestandenen Verhältniß [.] sonst nichts übrig geblieben war, als ein dunkles Bewußtseyn, daß ich es redlich mit ihm meynte […].' Wieland, Brief vom 22.4.1811