Vor dem Hintergrund taiwanischer Diskurse zu Homosexualität und ihrer gesellschaftlichen und politischen Bezüge verhandelt der taiwanische Autor Ji Dawei (geb. 1972) als Vertreter einer postmodernen, stark global orientierten und inszenierten jungen intellektuellen taiwanischen Elite die Themen Homosexualität, Wahrheit, Identität und Ritualität in einer Sammlung unterschiedlicher Erzählungen,. Diese sind jedoch durch die Klammer der Dekonstruktion als methodologisches Instrument und die theoretischen Prämissen der als ku´er lun taiwanisch-indigenisierten Entsprechung der queer-theory miteinander verbunden. Die im Rahmen dieser Studie exemplarisch behandelte Erzählung „Die Rituale“, 1995 in dem Erzählungsband „Welt der Sinne“ veröffentlicht, beleuchtet anhand der Lebens-, Liebes- und Leidensgeschichte des Protagonisten die Falsifizierbarkeit absoluter Wahrheiten und die diesen innewohnenden willkürlich-subjektiven Identitätsannahmen. Anhand unterschiedlicher textimmanenter Parameter wie Familie, Militär und Ritual versucht die Arbeit, die zugrunde liegenden Einschreibungen des Autors sichtbar zu machen und gleichzeitig einen Blick auf ein wenig beachtetes und außerhalb Taiwans kaum rezipiertes literarisches Sujet zu eröffnen. Da die vorgelegte Studie induktiv und textnah angelegt wurde, findet sich eine Übersetzung der „Rituale“ beigefügt.