Die Frage, wie der Mensch eingehende akustische oder orthographische Informationen verarbeitet, beschäftigt die Sprachwissenschaft seit geraumer Zeit. Schließlich ist die korrekte Entschlüsselung von Sätzen oder Satzfragmenten Voraussetzung für eine gelingende Kommunikation. Je nach Sprache verwenden Muttersprachler hierbei unterschiedliche Strategien. So wählen Muttersprachler des Englischen den 'Täter' eines Satzes aufgrund der Wortstellung, Muttersprachler des Deutschen hingegen orientieren sich an der Kasusmarkierung. Diese Beobachtungen veranlassten Fremdsprachenforscher dazu, den Einfluss der Muttersprache auf die Sprachverarbeitung zu untersuchen und einen Akzent bei der Sprachverarbeitung herauszuarbeiten. Die Zweitspracherwerbsforschung hingegen schenkte diesem Teilgebiet der Psycholinguistik bis jetzt wenig Interesse, weshalb der Einfluss der Erstsprache auf die Satzverarbeitung in der Zweitsprache bislang noch weitgehend unerforscht war. Mirja Gruhn untersucht im Rahmen des Competition Model von Elizabeth Bates und Brian MacWhinney die Satzverarbeitungsstrategien in der deutschen Sprache von Jugendlichen mit türkischem Migrationshintergrund. In zwei Experimenten zeigt sich, dass sich die Satzinterpretation der Probanden selbst bei einfachen transitiven Sätzen signifikant von der der Muttersprachler des Deutschen unterscheidet.