Gebrauchsliteratur spielt in Gottfried Kellers OEuvre
eine bedeutende Rolle. Mit politischer Lyrik in der
Links presse begann seine Karriere. Gelegenheitsgedichte
zu Schützenfesten, Sängerfesten und Jubiläumsfeiern
schrieb er bis in seine letzten Jahre. Mit
Kalendererzählungen beteiligte er sich an der Volkserziehung.
Die vorliegenden Bände zeigen wichtige Facetten
eines Autors, der literarisch am öff entlichen Leben
seiner Zeit teilnahm.
Kellers Literatursatire 'Der Apotheker von Chamouny
oder der kleine Romanzero' stellt auch erfahrene Keller-
Leser vor einige Rätsel. Nur wer sich mit der Textgeschichte
vertraut macht, kommt dem Spiel mit Bedeutungen
vor wechselnden Hintergrundkulissen auf die
Spur. Keller hat in seiner Schreibarbeit, die er mehrmals
unterbrach und wiederaufnahm, immer wieder andere
Aussage- und Selbstverständigungsabsichten verfolgt.
Teilweise lassen sich diese Kontextverschiebungen an
der überlieferten Handschrift ablesen – ein textgenetisches
Faszinosum!
In der Gestaltung von Zyklen gilt Keller als ein grosser
Meister. Was in bezug auf seine Erzählwerke allgemein
bekannt ist, wurde bisher für den Bereich der Lyrik
noch nicht in angemessener editorischer Form gewürdigt.
Die HKKA behebt diesen Mangel, indem sie Fassungen
integral wiedergibt. Ermöglicht wird auf diese
Weise beispielsweise, die Entwicklung von Kellers 'Liebesliedern
' schrittweise zu verfolgen.
Der Textband HKKA 14 enthält, ausser den schon genannten
Texten und Textgruppen, private Gelegenheitsgedichte,
Briefgedichte und Albumblätter, sowie
Einzelgedichte, die verstreut publiziert wurden, ohne
davor oder danach in einer von Kellers Sammlungen zu
fi gurieren. Präsentiert werden können in diesem Band
einige bisher unbekannte Texte, so etwa zwei satirische
Kurztexte, die anonym in einem Schweizer Witzblatt
mit dem Untertitel 'Illustrirte Blätter für Gegenwart,
Oeffentlichkeit und Gefühl' erschienen sind.
Der Apparatband HKKA 28 gibt unter anderem einen
umfassenden Überblick über Zeitungen, Zeitschriften,
Almanache und Anthologien, in denen zu Lebzeiten
Einzeldrucke und autorisierte Nachdrucke von Kellers
Gedichten und Erzählungen erschienen sind. In
den Detailkommentaren zu den einzelnen Texten wird
besonderes Gewicht darauf gelegt, durch Zeugnisse zu
dokumentieren, wie Kellers Gebrauchstexte verwendet
wurden und welche Funktion sie hatten.