Seit Béla Balázs 1924 in „Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films“ das Gesicht als ästhetisches Phänomen thematisierte, ist in der Filmtheorie von einer „Physiognomie der Dinge“ die Rede. Neben einer Anthropomorphisierung der Ganzform von Gegenständen betrifft diese auch die Grundmuster, nach denen sichtbare Formen in der Bildfläche organisiert sind.

Was man mit wenigen Worten beschreiben kann, darf ein Kardinalphänomen des Kinos genannt werden, mit dem ein elementares formales Prinzip zahlloser, global distribuierter Filmprodukte umrissen ist. So ubiquitär diese Formcharakteristik in filmischen Inszenierungen, so schmal fällt bisher eine philologische Aufarbeitung jener narrativen und metaphorischen Dimensionen aus, die hieraus in Drehbuch, Inszenierung und Schauspiel auf spezifisch filmische Weise entstehen.

Ihre Kontextualisierung erlaubt die weit ausgreifende Rekonstruktion und Diskussion einer Reihe von Diskursen, die sich seit der frühen Moderne in Naturphilosophie, Biologie, Ästhetik, Psychologie, Kultur- und schließlich Filmtheorie entwickeln. So entsteht in dieser Arbeit das Tableau einer Epoche vom Ende des 18. bis Mitte des 20. Jahrhunderts.