Zaubersprüche gehören zu den ältesten Formen der deutschen Textüberlieferung. Zu Beginn ihrer Tradierung erscheinen sie als Marginalien in lateinischen Handschriften medizinischer, geistlicher oder wissenskompilierender Ausrichtung. Entsprechend sind sie in einem Spannungsverhältnis von Volkssprache und Latein, von Magie, Medizin, Religion und artes zu sehen. Die vorliegende Arbeit analysiert einerseits die Überlieferungssituation der althochdeutschen Zaubersprüche in historischer und systematischer Hinsicht und dokumentiert diesbezügliche Veränderungen vom 9. bis ins 12. Jahrhundert. Andererseits richtet sich der Blick auf die Textstrategien der magischen Formeln, um ihre Wirkungsdimensionen, ihre Performativität, deutlich zu machen. Die Zaubersprüche können als paradigmatischer, aber auch „radikalisierter“ Fall performativer Texte gelten, da sie darauf abzielen, die Realität nicht nur im sozialen, sondern auch im materiellen Sinn zu verändern. Wurde die Performativität der Zaubersprüche bis anhin vor allem in ihrer mündlichen Aufführung gesehen, begreift sie der hier verfolgte Ansatz als das in der schriftlichen performance Gegebene. Diese spezifi sch schriftliche Performativität wird auf der Grundlage neuer Transkriptionen, Übersetzungen und Abbildungen der magischen Texte untersucht.