Kleists Dramen und Erzählungen zielen nicht nur auf die Verwirrung des Gefühls und des Bewusstseins, sondern sie oszillieren zwischen Selbst- und Fremdreferenz, den graven und antigraven Kräften. Sie überschreiten überdies immer wieder aufs neue gesellschaftlich markierte und sanktionierte Grenzen, treiben Syllogismen in Paradoxien. Nicht selten führt die Erklärung des Unerklärlichen zur Unerklärlichkeit einer Erklärung und wird der logische Satz vom ausgeschlossenen Dritten außer Kraft gesetzt und im Gegensatz dazu ein Netzwerk der Fehlschlüsse und Widersprüche entwickelt. Hinter jeder Erfahrung lauert bei Kleist in der Tat ein „Gesetz des Widerspruchs“, ein Gesetz, das uns, wie er es ausdrückt, „geneigt macht, uns, mit unserer Meinung, immer auf die entgegengesetzte Seite hinüber zu werfen“.

Der vorliegende Band enthält neben ausführlichen Interpretationen wichtiger dramatischer und erzählerischer Werke Heinrich von Kleists eine konzise biographische Darstellung, einschlägige Kapitel über die Antinomien in seinem Welt- und Selbstverständnis, über seine Ästhetik der Negation, über die kreative Aneignung naturwissenschaftlicher und philosophischer Ansichten und schließlich eine Anlayse seiner Todesauffassung im Kontext der Zeit. Der Band klingt aus mit der Beschreibung ein Art Wahlverwandtschaft, die Franz Kafka vor allem zu dem von ihm bewunderten Prosaisten Kleist empfand, dessen Erzählungen er gerne vorlas.