Ausgehend von der These, dass hoch- und spätmittelalterliche wissenschaftliche, pragmatische und literarische Darstellungsweisen eines Wissens von sexuellem Begehren, Geschlecht und Körper sich durch ein eigentümliches Zusammentreffen von Reden und Schweigen auszeichnen, untersucht diese Arbeit in Texten des Thomas von Aquin, Robertus de Flamesburia, Berthold von Regensburg und Albertus Magnus, in den Quaestiones salernitanae und im Sachsenspiegel sowie im Eneasroman, Nibelungenlied, Tristan und Prosalancelot die konkreten Formen und Effekte dieses Zusammentreffens, das mit dem Begriff der (Dis-)Artikulation gefasst wird. Diese unterscheidet sich durch die besondere Form der Verschränkung von Artikulation und Nichtartikulation von anderen Figuren der sprachlichen Absenz wie etwa Schweigen oder Leerstellen. Durch die Einklammerung des Dis- soll die Möglichkeit einer Artikulation gerade durch ihr Gegenteil bzw. ihre Verformung impliziert werden. Damit geht es weder um ein absolutes Schweigen noch um ein lückenloses Reden, sondern um eine dialektische Verknüpfung von Verschweigen und Besprechen, die über die Absicht, etwas nicht zu sagen, eine spezifische Form des Sprechens, die (Dis-)Artikulation, als Schweigeeffekt hervorbringt.