In der titelgebenden Gegenüberstellung dieses Sammelbandes, der aus der im Oktober 2010 in Mainz durchgeführten Tagung „Spielball der Götter“ hervorgegangen ist, spricht sich die im antiken Mythos von Odysseus bereits enthaltene Frage nach dem Zusammenspiel beziehungsweise dem Widerspruch von selbstbestimmtem Handeln und vorher- oder fremdbestimmter Einwirkung auf individuelle Lebenswege aus. Die Beiträge beleuchten diese auch für Lebensentwürfe des einundzwanzigsten Jahrhunderts relevante Frage, indem sie ästhetischen, diskursiven und gesellschaftlichen Mythenaktualisierungen nachgehen. Hierbei gelangen Methoden und Perspektiven unterschiedlicher Disziplinen zur Anwendung: Literaturwissenschaftliche Analysen befassen sich unter anderem mit dem Motiv der Abenteuer- und Irrfahrt, die als Metapher und narrativer Archetyp in biographischen und fi ktionalen Lebensdarstellungen lesbar ist, behandeln aber auch Wiederbelebungen von Schicksalskonzeptionen zu politischen Zwecken. Vertreter aus den Bereichen Game Studies und Filmwissenschaft schließen hieran an, wenn sie Heldenreisen in virtuellen Realitäten und Rollenspielen untersuchen und die verschwimmenden Grenzen zwischen Selbstinszenierung, Fremdwahrnehmung und autonomer Kontrolle über Spiel und Wirklichkeit in den Blick nehmen. Ergänzt wird das Spektrum durch Beiträge aus Soziologie und klassischer Archäologie, die konkrete Ausprägungen von Selbstbestimmungsideologie und Götterglauben in modernen Sozialgefügen und antiken Hochkulturen untersuchen. Die unter Rekurs auf den Odysseus-Mythos ineinandergreifenden Untersuchungen ästhetischer, historischer und sozialer Phänomene vermitteln so einen multidisziplinären Querschnitt durch die gegenwärtige geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Diskussion eines Themas, dessen Virulenz so vielfältig wie gegenwärtig ist. Entsprechend versteht sich der Band auch als Anschlussmodul für unterschiedliche weiterführende Studien und Projekte, auf die die Einzelabhandlungen zum Teil vorausweisen.