Kultur ist eine Verfassung des Menschen, die sich im Zuge seiner Entfremdung von der Natur bildet. Bedeutet sie aus der Perspektive seines natürlichen Ursprungs einen Verlust (an Unmittelbarkeit, Harmonie mit der Umwelt), so ist sie aus dem Blickwinkel seiner Entwicklung zu einem Wesen, das seine Welt vernunftgemäß zu gestalten weiß, ein Gewinn.
Ebenso kommt die Entwicklung des Menschen zur Kultur seinem Wandel zur geschichtlichen Existenz gleich. Die Natur ist vergleichsweise ahistorisch. Und wenn der Übergang zur Kultur und der Übergang zur Geschichte zusammenfallen, so heißt das: Alle Kultur ist geschichtlich bestimmt, alle Geschichte ist kulturell geprägt.
Dabei muss Kultur sich von Beginn an und auf die Dauer mit einem Widersacher auseinandersetzen. Es ist dies die destruktive Kraft, die sich als Barbarei geltend macht, zum einen als offene Gewalt wie in Krieg und Terror, zum anderen in den verschiedenen Masken, die ihr täuschenderweise ein mitunter sogar biederes Ansehen verleihen, wie Nationalismus, Rassismus, jede Art von Fremdenfeindlichkeit.
Diese Studie versteht sich als flankierendes Gegenstück zum zuvor erschienenen Buch desselben Verfassers, Natur und die westliche Zivilisation. Literarische Kritik und Kompensation einer Entfremdung (2016).