Wie literarisch ist die Philosophie in der Wahl ihrer Darstellungsformen? Wie philosophisch ist die Literatur in der ihr eigenen Form der Erkenntnissuche und -vermittlung? Gerade weil Literatur und Philosophie sprachlich verfasste Formen der Weltaneignung und des Weltenentwurfs sind, befinden sie sich in einer ständigen Bewegung zwischen Abgrenzung und Grenzüberschreitung. Wie das Verhältnis von Literatur und Philosophie zueinander gedacht wird, differiert je nach historischem und auch kulturellem Kontext. Dieser Band bindet die Frage nach Formen der Darstellung bzw. der Erkenntnis sowie der wechselseitigen Bedingtheit beider in Literatur und Philosophie deshalb an die unterschiedlichen Diskurse und kulturellen Kontexte zurück, in denen sie sich stellte. Einen wichtigen Bezugspunkt bildet hier die russische Kultur, in der der Literatur lange ein Sonderstatus zukam: Anstelle der dort bis ins 20. Jahrhundert hinein nicht institutionalisierten Philosophie verhandeln häufig literarische Texte geschichts- und religionsphilosophische Fragen und präsentieren Entwürfe zum Sein des Menschen. Da dabei auch immer wieder das Verhältnis von Formen der Darstellung und der Erkenntnis zur Diskussion steht, ist der russische Beispielfall für die Fragestellung dieses Bandes besonders prägnant. Sie wird in den Beiträgen, die auf eine interdisziplinäre Ringvorlesung an der Universität Tübingen zurückgehen, auch über diesen kulturhistorischen Bezug hinaus anhand vielfältiger Beispiele thematisiert. Mit Beiträgen von Sigrun Bielfeldt, Manfred Frank, Julia Genz, Bernhard Greiner, Rainer Grübel, Catrin Misselhorn, Dieter Thomä, Schamma Schahadat, Irina Wutsdorff