WikiLeaks blamiert zuerst eine Weltmacht unddann sich selbst. Blogger prangern einige wenige,bis dahin unbeachtet gebliebene Sätze des Bundespräsidentenan und forcieren im Verbund mitklassischen Massenmedien seinen Rücktritt. Politikerstürzen über Plagiate, die sich im Netz detailgenaudokumentieren lassen. In die falschen Kanäle gelangte Fotos und Handyvideos, SMS-Botschaftenund Twitter-Meldungen beenden Karrierenund werden zu global zirkulierenden Beweiseneines Vergehens, die sich nicht mehr aus derWelt schaffen lassen. Immer mehr Daten lassen sich immer leichter verknüpfen, rekonstruieren,dauerhaft speichern – und eines Tages in öffentlicheDokumente der Diskreditierung verwandeln,die sich nicht mehr nur gegen Mächtige undProminente, sondern auch gegen Ohnmächtigeund gänzlich Unbekannte richten. Blitzschnellsind im digitalen Zeitalter Transparenz und Aufklärungmöglich – und in rasender Geschwindigkeitverbreiten sich Falschmeldungen, bilden sichWut- und Empörungsgemeinschaften, die mitSchicksalen auf einer weltweit sichtbaren Bühnespielen. Dieser materialreiche Essay ist eine Provokation.Zur Debatte steht die Diagnose der Autoren:Der Skandal ist kein Distanzereignis mehr,sondern hat unser aller Leben erreicht.