Dass Goethe für den jungen Felix Mendelssohn Bartholdy zu einem 'Vorbild' werden konnte, war nicht nur eine Folge der fünf persönlichen Begegnungen, sondern auch des familiengeschichtlichen Hintergrunds. Im Hause des Berliner Bankiers Abraham Mendelssohn herrschte eine Art Goethe-Kult, in den auch seine Geschwister einbezogen waren und in dem Zelter eine zentrale Vermittlerrolle spielte. Nach dem Tod des Dichters haben dessen Schwiegertochter Ottilie von Goethe und Felix die Kontakte weiterhin gepflegt. Schließlich hat Felix dann ihrem Sohn Walther zwei Jahre lang Klavier- und Kompositionsunterricht erteilt.
Die Darstellung dieser bisher kaum beachteten vielfältigen und ganz unterschiedlichen Beziehungen ist an den Quellen ausgerichtet, die z.T. an schwer zugänglichen Stellen veröffentlicht sind. Systematisch ausgewertet wurden neue Brief-Editionen, die zum erstenmal Korrespondenzen in philologisch zuverlässiger Form bekannt gemacht haben. Auch wurden die Tagesereignisse der Besuche des jungen Felix Mendelssohn auf der Grundlage der Tagebücher Goethes unter Berücksichtigung weiterer Berichte möglichst umfassend beschrieben. Bisher unbekannt waren der Bericht des Hauslehrers Heyse über den Besuch bei Goethe 1822 und etliche Briefe aus dem familiären Umkreis. Die Briefe Walther von Goethes an seine Mutter lassen nun auch das problematische Verhältnis des Schülers zu seinem Lehrer deutlich erkennen. Auch die Frage der Honorierung dieses Unterrichts konnte jetzt eindeutig geklärt werden.