Die hier versammelten Schriften von Salvatore Giammusso widmen sich der Auslegung und produktiven Aneignung der Anthropologie, wie sie von Wilhelm Dilthey und seiner Schule geltend gemacht wurde. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Gedanke des Unergründlichen – vita abscondita –, da er erkenntnistheoretische und ethische Aspekte zusammenhält. Indem die Diltheysche Tradition die Idee der Unergründlichkeit betont, rückt sie in die Mitte der Erkenntnistheorie die Frage nach einem angemessenen Verstehen der individuellen, kreativen Phänomene menschlicher Lebensformen. Sie ersetzt die Daseinsontologie und den Transzendentalismus durch eine Hermeneutik, die die Lebenswelt als Textur von Bezügen und produktive Spannung zwischen Individualitäten und historischen Kontexten auslegt. Ein Philosophieren, das an die Idee des Lebens als ein unergründliches anknüpft, tritt entschieden für einen emanzipatorischen Demokratiebegriff sowie für eine Erziehung zur Urteilsfähigkeit im Dialog und öffentlichen Leben ein. Eine Haltung der integrativen Offenheit und Ehrfurcht vor dem Leben ist ihr ethischer Vorschlag, dem ein Verstehen der Natur entspricht, die wir immer schon sind.