Was ein Motiv eigentlich ist, lässt sich schwer fassen. Im Spielfilm können Motive vorliegen auf der Ebene des Bildes (das Gesicht hinter der Scheibe, der Blick durchs Schlüsselloch, der top shot auf das Bett), der Erzählung (der Besuch in der Unterwelt, die drei Prüfungen, Spurensuche und falsche Fährten), der Figuren (die verführte Unschuld, der künstliche Mensch, die femme fatale) und ihrer Konstellationen (David gegen Goliath, ménage à trois, das Doppelgängermotiv), des Stils (musikalische ‹Leitmotive›, subjektive Kameraführung, Licht, das durch Jalousien bricht) und des Genres (die frontier im Western, das Spukhaus im Horrorfilm, die getanzte/gesungene Liebeserklärung im Musical). Motive binden sich an kulturelle Lerngeschichten, sie sind Einheiten des Wissens, die der inter- und intratextuellen Wiederholung bedürfen, um als signifikante Elemente (der Narration, der Themenentfaltung, der Evokation einer Grundstimmung) erkannt zu werden. Sie unterliegen dabei auch der Abnutzung und dem historischen Wandel.