Vom Mittelalter bis ins neunzehnte Jahrhundert sucht die Wolke den Himmel der abendländischen Malerei heim. Dabei erscheint sie weniger als deskriptives Motiv denn als ein Element pikturaler Semiotik, dessen Funktionen mit der Zeit variieren. Während sie zunächst dazu dient, um etwa in Himmelfahrtsdarstellungen das Heilige im Realen erscheinen zu lassen, spielt die Wolke in der Renaissance zum Zeitpunkt der Durchsetzung des perspektivischen Modells eine wesentlich mehrdeutigere Rolle: Sie maskiert das undarstellbare Unendliche und bezeichnet es zugleich – und kann so das paradoxe Gleichgewicht einer eng an die Bedingungen der Wissenschaft gebundenen pikturalen Institution sichern.



Hubert Damisch versucht, durch eine Bestandsaufnahme der Funktionen des Signifikanten /Wolke/ eine kritische Umverteilung der Rollen vorzunehmen, die der Kunst, der Wissenschaft und der Ideologie in der Struktur der Repräsentation zugesprochen werden. Sein im Original erstmals 1972 veröffentlichtes Buch, das hier erstmals auf Deutsch vorliegt, gilt als Meilenstein jener Bemühungen, der Kunstgeschichte ihre systematische und materialistische Dimension zurückzugeben.