In der Geschichte der Künste existiert eine hochentwickelte Kultur des Erinnerns. Mythen, Legenden und Historien bewahren elementare Menschheitserfahrungen auf, und Kunstwerke geben ihnen in jeder Epoche aktuelle Deutung und Gestalt. Die dramatische Literatur Europas ist besonders reich an solchen Les- und Spielarten. Die hier versammelten Studien befassen sich mit dem Prozess des Aufnehmens und Neudeutens solcher Geschichten. An fünf exemplarischen Überlieferungen – dem antiken Mythos von Jupiter, Alkmene und Amphitryon, der Legende vom berühmten Verführer und Betrüger Don Juan, der blutrünstigen Geschichte um den Shakespeare-Helden Titus Andronicus sowie den Historien der Jungfrau von Orléans und der umstrittenen russischen Zaren Boris Godunow und Dmitri I. – wird diese besondere Art der Aneignung detailliert beschrieben. So kommt ein Panorama bedeutender Theatertexte von Plautus, Shakespeare und Lope de Vega bis zu Bertolt Brecht, Heiner Müller und Peter Hacks zustande.