Spuren sind Relikte der Vergangenheit. Sie selbst sind stumm, aber sie lassen sich lesen. Manchmal sind sie sogar das Einzige, was uns noch bleibt, um ein vergangenes Geschehen zu rekonstruieren. So z.B. bei der Kriminal- bzw. Detektivliteratur mit ihren exzentrischen Detektiven und fi nsteren Widersachern oder auch bei den Indizienprozessen der Justiz. Aber nicht nur gemeine Schurken, alles, was ist und war, kann Spuren hinterlassen. Ob es sich dabei um Fußspuren, Tonscherben oder DNA handelt – Spuren werden gesucht, gefunden, gelesen und interpretiert. Immer und überall, im Alltag genauso wie in der Wissenschaft. Das vorliegende Buch rekonstruiert die Spur als grundlegenden kulturtheoretischen Begriff an der Schnittstelle zwischen zeichentheoretischem und medientheoretischem Diskurs. Sein besonderes Potential entfaltet dieser schillernde Begriff vor allem insofern, als er unentscheidbar zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Aufzufi ndendem und erst noch zu Erfi ndendem, zwischen Lesbarkeit und Unlesbarkeit oszilliert. Das Spurenlesen wird dabei nicht nur als elementare Kulturtechnik, sondern, aufgrund seiner dialektischen Verknüpfung von Lesen und Schreiben, als Modell für Literaturinterpretationsprozesse vorgestellt.