Was ist translatorische Kreativität? Wie misst man sie? Und werden Übersetzerinnen und Übersetzer mit zunehmender translatorischer Kompetenz kreativer? Dies sind die zentralen Fragen, denen die vorliegende empirische Studie nachgeht. Die Datenbasis bilden die Übersetzungsprodukte und -prozesse von zwölf studentischen Versuchspersonen, die während der Dauer ihres Bachelor-Studiengangs jedes Semester an Übersetzungsversuchen teilnahmen. Die bei diesen Versuchen erhobenen Daten wurden mit jenen von zehn Berufsübersetzern verglichen, die mit denselben Übersetzungsaufträgen konfrontiert wurden. Alle Versuchspersonen übersetzten laut denkend an einem PC-Arbeitsplatz. Dabei wurden auch ihre Tastatur- und Bildschirmaktivitäten aufgezeichnet. Im Anschluss wurden Fragebogendaten erhoben und retrospektive Interviews geführt. Gemessen wurde die translatorische Kreativität der Versuchspersonen mit Hilfe eines komplexen Analayseverfahrens, in dem Merkmale kreativen Problemlösens und Formen von Nicht-Wörtlichkeit im Mittelpunkt stehen.