Historische Phänomene altern ebenso wie Zeitzeugen sterben. Und doch: Der Holocaust gibt in nicht nachlassender Intensität noch immer zu denken, zu erzählen, zu schreiben auf. Als Gegenstand der Reflexion mutet er auf merkwürdige Weise zeitlos an, insofern er mehr Fragen als Antworten zu produzieren scheint. Dies vermag jedoch nicht über seine Historizität hinwegtäuschen: Im Rahmen immer wiederkehrender Diskussionen – allen voran jener über seine Repräsentierbarkeit – werden stets neue Annäherungen gesucht, die letzten Endes keinen Konsens schaffen, sondern neue Klüfte hervorrufen. Der vorliegende Sammelband widmet sich in diesem Sinne nicht dem Genozid an sich, als vielmehr heutigen Blicken auf ihn: Blicke aus einer historischen, philosophischen und literarischen Perspektive, die dem Holocaust im Kontext einer jahrzehntelangen Rezeptionsgeschichte und Auseinandersetzung entgegensehen; deutsche und spanische Beiträge, die den Umgang mit dem nationalsozialistischen Massenmord in den Geisteswissenschaften um weitere Fokussierungsansätze ergänzen.