Das wichtigste Festival zur neuen Musik

Donaueschingen ist nicht nur eine beschauliche Stadt am Rande des Schwarzwalds, sondern vor allem ein magischer Punkt auf der Landkarte der musikalischen Erneuerung: Hier findet seit einhundert Jahren das international älteste und wichtigste Festival zur Neuen Musik statt. Donaueschingen ist ein Mythos unter Musikkenner:innen und Musikliebhaber:innen, hier wurde und wird Geschichte geschrieben. Schon Thomas Mann verewigte den kleinen Ort in seiner fiktiven Komponistenbiografie „Doktor Faustus“, und er fand Eingang in das filmische Epos „Heimat“ von Edgar Reitz. Hier werden musikalische Karrieren geschmiedet oder zum Scheitern gebracht: Die Spannung der Musiktage besteht nicht aus ihrem ständigen Gelingen, ihrem ewig gleichen kulturellen Hochstand, sondern aus dem Wagnis, Musik immer wieder neu zu bestimmen, neu auszuloten.



Suchen, Forschen, Ausprobieren

1921 wurden die Musiktage als „Donaueschinger Kammermusikaufführungen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst“ gegründet. In den folgenden Jahren erlebten zahlreiche Kompositionen ihre Ur- und Erstaufführung, so zum Beispiel von Alban Berg, Arnold Schönberg und Anton Webern. 1934 dann die Zäsur: Es war nun ein „Musikfest“, das „den nationalsozialistischen Anschauungen“ entsprechen sollte. Nach dem Krieg öffnete man sich umso nachdrücklicher wieder der Neuen Musik. Die jeweiligen künstlerischen Leiter setzten Akzente und haben sich stets auch als Suchende und Forschende verstanden. Es wurde viel ausprobiert – und es wurde Musik von Komponist:innen aufgeführt, die das 20. und 21. Jahrhundert geprägt haben: Hans Werner Henze, Olivier Messiaen, Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen, György Ligeti, Luigi Nono, Helmut Lachenmann, Wolfgang Rihm, Younghi Pagh-Paan, Isabel Mundry, Bernhard Lang, Simon Steen-Andersen, Jennifer Walshe u. a.


Der reich bebilderte, großformatige Band nimmt zum ersten Mal die gesamten einhundert Jahre der Donaueschinger Musiktage in den Blick. In mehreren Essays ist die Geschichte dieses einzigartigen Festivals nachvollziehbar: Berichtet wird von spektakulären Uraufführungen sowie über die Erschaffung neuer Klangwelten. Alltagsgegenstände werden zu Instrumenten, groß besetzte Werke wechseln sich ab mit Jazzsessions oder minimalistischen Kammerformationen.


Einmalige Dokumentation von lebendiger Kulturgeschichte

Mit vielen erstmals veröffentlichten Fotos dokumentiert dieses Buch Kultur- und Musikgeschichte, aber auch gesellschaftliche Brüche, die Wahrnehmung von Musik durch ein Jahrhundert hindurch, es erzählt über berühmte Persönlichkeiten, große Wagnisse und Visionen, über Gelingen und Scheitern. Ergänzt wird das durch Schlaglichter von z.B. Joanna Baille, Gerhart Baum, Helmut Lachenmann oder Stefan Prins, die über „ihr Donaueschingen“ erzählen.