Psychoedukation ist heute allgemein anerkannter Teil psychiatrischer Versorgungsangebote. In der Praxis werden jedoch in der Regel nur kurze, informationszentrierte Psychoedukationsprogramme zumeist ohne Einbeziehung der Angehörigen umgeSetzt, die auf eine Verbesserung des krankheitsbezogenen Wissens, der Krankheitseinsicht und der Medikamentencompliance abzielen. Eine eindeutige empirische Evidenz für die Wirksamkeit derartiger psychoedukativer Interventionen ist indes bisher nicht belegt, obwohl sich anhand verschiedener Studien Hinweise darauf ergeben, dass die Zunahme von Krankheitseinsicht und medizinischem Wissen über die Erkrankung mit Suizidalität, depressiven Beschwerden und Selbststigmatisierung einhergehen kann.

In der vorliegenden Arbeit wird die Bedeutung psychoedukativer Interventionen für die Krankheitsbewältigung bei schizophrenen Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung der subjektiven Perspektive der Betroffenen auf Grundlage empirischer Studien untersucht.

Die Ergebnisse belegen zunächst erwartungsgemäß eine positivere Haltung der Betroffenen gegenüber der medikamentösen Behandlung nach einer solchen Psychoedukation. Die Untersuchung zeigte darüber hinaus die hohe Bedeutung des individuellen Krankheitsverständnisses für die subjektive Lebensqualität und den Selbstwert der Betroffenen. Paradoxerweise aber wurden gerade die Aspekte des Krankheitsverständnisses durch die Teilnahme an der Psychoedukation nicht signifikant verändert.

Dagegen stellten das Medikamentenvertrauen und die Krankheitseinsicht der Patienten sogar negative Prädiktoren für das subjektive Wohlbefinden der Patienten dar; letzteres wird in der Praxis schlicht vernachlässigt. Die Autorin kommt zu der ernüchternden Erkenntnis, dass kurze psychoedukative Interventionen, die vornehmlich auf Krankheitseinsicht, Medikamentencompliance und Rückfallprophylaxe fokussiert sind, die Gefahr bergen, dass sich Patienten entweder durch starke Identifikation mit der Krankheit in eine passive Krankenrolle fügen oder sich durch die Abgrenzung von der Krankheit auch den Behandlungsmöglichkeiten entziehen. Sie dienen somit keiner sinnvollen Krankheitsbewältigung, sondern bergen sogar Risiken. Hieraus leitet die Autorin Implikationen für die Neugestaltung psychoedukativer Interventionen und Fragestellungen für anschließende Forschungen ab.