Biennalen zählen seit den 1990er Jahren zu den wichtigsten Ausstellungsmodellen der Kunstwelt, da sie Einfluss auf die Produktion, Präsentation und Rezeption von zeitgenössischer Kunst nehmen und neben der Vermittlung von Gegenwartskunst auch kultur-, wirtschafts- und gesellschaftspolitische Aufgaben innehaben. Außerhalb der westlichen Kunstszenen sind sie häufig die einzigen Institutionen, die internationale Großausstellungen zeitgenössischer Kunst organisieren, was sie zu wichtigen Zentren und Motoren der dortigen Ausstellungsbetriebe macht.

In seinem Buch diskutiert Marcus Graf die Rolle der Istanbul Biennale innerhalb des nationalen und internationalen Ausstellungswesens und untersucht ihre kultur- und gesellschaftspolitischen Wirkungen auf die Metropole am Bosporus. Nach einer vergleichenden Untersuchung der europäischen und nordamerikanischen Ausstellungsgeschichte mit der osmanischen und türkischen analysiert der Autor die Istanbul Biennalen der Jahre 1987 bis 2011 und berücksichtigt auch die Ergebnisse seiner ausführlichen nationalen und internationalen Medien- und Presserecherche, um zu zeigen, dass die Istanbul Biennale ein kulturpolitisches Instrument zur Vermittlung der Gegenwartskunst, Förderung der nationalen Kunstszene und Öffnung der Gesellschaft gegenüber (post) modernen Denkmodellen ist. Für die internationale Kunstwelt ist sie eine Entdeckungsplattform für junge Künstler außerhalb der europäischen Kunstzentren und spielt insbesondere dadurch auch eine große Rolle in der Dezentralisierung des eurozentrischen Ausstellungswesens.