In keinem europäischen Staat jenseits der Grenzen Österreich-Ungarns wirkte in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine so große Zahl gut organisierter und finanziell selbständiger tschechischer Auslandsvereine wie in Deutschland. Im Rheinland und in Westfalen waren 1914 von den etwa 30.000 Tschechen ca. 60% berufstätig und von diesen 18.000 Männern und Frauen waren wenigstens 3.000 Personen in mehr als siebzig tschechischen Auslandsvereinen unterschiedlicher Ausrichtung organisiert (kleinbürgerlich-patriotisch, sozialdemokratisch oder katholisch orientiert). Das innere Vereinsleben war sehr regelmäßig und diszipliniert. Beinahe jeder tschechische Verein hatte eine eigene Bibliothek, in der neben tschechischen auch deutschsprachige Bücher und Broschüren vorhanden waren. Die Themen regelmäßiger Bildungskurse für die Vereinsmitglieder betrafen nicht nur praktische Fragen der Arbeit und Technologie, sondern auch Redeübungen, Stenographie und vor allem die Erweiterung der deutschen Sprachkenntnisse. Es gab zahlreiche Vorträge auch zu volkswirtschaftlichen, geschichts- und naturwissenschaftlichen Themen und im kulturellen Bereich spielte das Laienspieltheater im Ruhrgebiet eine besondere Rolle.
Die von Jiří Kořalka und Johannes Hoffmann herausgegebenen Quellen stammen aus deutschen, tschechischen und österreichischen Archiven und aus zwei Zeitschriften, der in Berlin herausgegebenen Monatsschrift Vlast (Die Heimat) und der Prager Zeitschrift Český vystěhovalec (Der tschechische Auswanderer). Sie beziehen sich ebenso auf den Verlauf der Arbeitsmigration als auch auf die Gründung und vielseitigen Tätigkeiten der tschechischen Auslandsvereine.