Seit Jahrhunderten fungiert die Bibliothek als literarisches Motiv, als Topos epochal geprägter Diskurse zu Wissen, Wissensspeicherung und Schriftkultur. Besonders in den neunziger Jahren, einer Zeit der Krisenerscheinungen der Schriftkultur, lässt sich eine gehäufte Veröffentlichung literarischer Werke mit Bibliotheksmotivik feststellen. Wie wird die Bibliothek im Kontext der Postmoderne imaginiert – in einem Umfeld, in dem die Schrift ihre Dominanz als kultureller Code und das Buch seine Funktion als Leitmedium verliert? Wo positioniert sich Literatur angesichts der Technologisierung und Digitalisierung der Informationsgesellschaft? Anhand der Motivik dreier Bibliotheksromane von Thomas Lehr, Antonia Byatt und Ermanno Cavazzoni untersucht Shoshana Brandt beispielhaft spezifische thematische und ästhetische Verarbeitungsformen.