Wien hatte um 1900 den Ruf der „Welthauptstadt der Erotik“. Das kulturelle Milieu war auch in literarischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Bereichen durch ein intensives Interesse an der Sexualität geprägt. Die von André Schwarz rekonstruierte Poetik der Darstellung sexuellen Handelns in der Literatur der Wiener Moderne beschreibt die vielfältigen Techniken der Verhüllung, des Verschweigens, der Metaphorisierung, der Andeutung oder der offenen Provokation in Texten vor allem Arthur Schnitzlers, Felix Saltens, Peter Altenbergs und Hugo von Hofmannsthals. Die dort beschriebenen Lüste, so zeigt das Buch, dienen auch dazu, das sexuelle Begehren der Rezipienten zu stimulieren. Sie inszenieren dabei ein lustvolles Spiel mit unterschiedlichen Grenzen von Scham und Peinlichkeit. Und sie setzen sich darüber hinaus, angeregt nicht zuletzt durch Sigmund Freud, kritisch mit der zeitgenössischen Sexualwissenschaft und der damals dominierenden Sexualmoral auseinander.