Das Schöneberg der 1920er und 1930er Jahre war eines der Zentren der aufgeklärten deutschen Kultur und Intelligenz in Berlin. Albert Einstein, Erich Fromm, Wilhelm Reich, Leo Baeck, Billy Wilder lebten hier. Ein tragender Teil dieses kulturellen und sozialen Netzwerkes waren Ärzte.Fast zwei Drittel der Schöneberger Ärzte hatten jüdische Wurzeln.Alle, ohne Ausnahme, wurden durch die nationalsozialistischen Gesetze gezwungen, spätestens 1938 ihre Praxen aufzugeben. In Schöneberg betraf dies über 350 Ärzte, in ganz Berlin fast 60 Prozent aller niedergelassenen Ärzte.
Zwölf Biografien jüdischer Ärztinnen und Ärzte skizzieren exemplarisch ihre Schicksalswege. Sie geben über Entrechtung, Verfolgung und Emigration, aber auch über Suizid oder Ermordung Auskunft. Sie gewähren zudem Einblicke in die Entwicklung verschiedener medizinischer Fachgebiete und spiegeln zugleich die Vielfalt einstigen jüdischen Lebens in Berlin. Persönliche Dokumente und Bilder erweitern die meisten dieser Lebensgeschichten.
Ein historischer Stadtplan von Schöneberg ergänzt diesen Band. Der Textbeitrag im Kapitel „Topographie der Vertreibung“ konfrontiert uns mit den Lücken, die die nationalsozialistische Verfolgung in das nachbarschaftliche Miteinander und in die medizinische Versorgung der Patienten gerissen hat. Verschiedene Stimmen der Nachfahren aus unterschiedlichen Teilen der Welt stellen einen direkten Bezug zu unserem Hier und Heute her.