Metropole, Provinz und Welt bilden in der Literatur des deutschsprachigen Realismus ein mehrbezügliches Spannungsfeld, mit dessen Hilfe sich die Autoren des 19. Jahrhunderts intensiver und subtiler als oft gedacht mit dem radikalen Wandel der Lebenswelt im Zeichen beschleunigter Modernisierung mit wachsender räumlicher und sozialer Mobilität sowie mit der eurozentrischen Vernetzung der Welt im Zeitalter kolonialer Expansion und kapitalistischer Globalisierung auseinandersetzen. Vor dem Hintergrund des 'spatial turn' in den Kulturwissenschaften, postkolonialer u.a. aktueller Forschungsansätze verbindet der Band übergreifende, systematische und historische Perspektiven zum Raum- und Zeitdiskurs im Realismus mit exemplarischen und vergleichenden Fallstudien. Neben bekannten Werken führender Autoren wie Stifter, Keller, Auerbach, v.a. aber Raabe und Fontane erweisen sich auch Texte von weniger prominenten AutorInnen als aufschlussreich für eine Revision eingefahrener Vorstellungen über den deutschen Realismus. Auf der Grundlage der gemeinsamen Tagung der Fontane- und Raabe-Gesellschaften (Berlin 2011) erarbeitet der Band mit Blick auf die 'mental maps' und Chronotopologien des Erzählens neue Perspektiven der Realismus-Forschung.