'Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden'? Nicht in den Augen aller Kirchenvertreter des Hochmittelalters. 'Es seien die selig zu preisen, die Verfolgung ausübten um der Gerechtigkeit willen', schrieb etwa im 11. Jahrhundert Bischof Bonizo von Sutri.

Der Historiker Gerd Althoff belegt in seinem neuen Buch: Diese Ungeheuerlichkeit aus der Feder eines Geistlichen, der eigentlich Barmherzigkeit und Güte predigen sollte, entsprach der Strategie und dem Selbstverständnis des Reformpapsttums. Damals kämpften die Päpste insbesondere mit den deutschen Königen im Investiturstreit um Macht und Einfluss. Christliche Geistliche formten – vorgeblich unter Berufung auf Augustinus und andere Kirchenväter – die Lehre um, bis sie als normative Grundlage und Legitimation für Gewaltanwendung taugte.