Berthold Auerbach (1812-1882) war zu Lebzeiten einer der international bekanntesten deutschen Autoren, heute ist er nahezu vergessen. Allenfalls seine „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ werden noch zur Kenntnis genommen. Seinen 200. Geburtstag am 28. Februar 2012 nahm Jutta Osinski, Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Marburg, 2011 zum Anlass, zusammen mit Studenten und Studentinnen zwei Semester lang das Berthold Auerbach-Projekt durchzuführen, dessen Ergebnisse hier in Auswahl vorgestellt werden. Fabian Sandelmann fragt, ob Auerbachs Altersresignation, umsonst gelebt und geschrieben zu haben, nicht auch als Folge der eigenen idealistischen, im Kaiserreich realitätsfern gewordenen Denkmuster verstanden werden könnte. Stefanie Hoyer erläutert, warum der Roman „Neues Leben“, den Tolstoi aus pädagogisch-ideellen Gründen hoch schätzte, literarisch zu Recht abqualifiziert worden ist. Davina Höll und Carsten Rast nehmen unterschiedliche europäische Bezüge in den Blick, in deren Kontexten Auerbachs schriftstellerische Anfänge und sein volkspädagogisches Denken charakterisiert werden. Ananda Schader schließlich ermöglicht mit seiner internationalen Bibliographie faktenbasierte Untersuchungen zur europäischen Rezeptionsgeschichte. Mit ihren Beobachtungen und Befunden eröffnen die Beiträge neue Perspektiven auf Auerbach.