handschrift, zeitstrahl – das Debüt des jungen Grazer Lyrikers Reinhard Lechner kreist um Fragen der Identität und des Erinnerns. Am Schnittpunkt zwischen Subjekt und Gesellschaft, zwischen individuell Einmaligem und normativer Allgemeinheit angesiedelt, erproben und hinterfragen diese Gedichte
die Möglichkeiten und Spielarten, aber auch Brechungen (auto-)biographischen Schreibens. Das Vergangene, das Gegenwärtige, das Kommende – wie ist es zu verorten in einer brüchigen, flimmernden
Chronik namens Ich?

Nach Publikationserfahrungen in Zeitschriften und Anthologien ist Lechners Erstling bereits durch eine erstaunlich ausgereifte dichterische Sprache und ein ausgeprägtes Formbewusstsein gekennzeichnet. Der Autor versammelt zehn kleine Zyklen, die einem stringenten Aufbau folgen: sie gehen jeweils von einem erzählerisch gehaltenen Prosagedicht aus, verweben in einem zweiten Abschnitt Logik und Lautlichkeit zu
höherer Dichte und laufen schließlich auf ein ruhendes Bild hinaus, ein poetisches Destillat, für das der Autor auf die Tradition des Haikus, des japanischen Dreizeilers, zurückgreift.