Die zwölf Verfahren vor dem Nürnberger Militärtribunal (NMT), in denen amerikanische Ankläger zwischen 1946 und 1949 die Funktionseliten aus Militär, Bürokratie, Partei und Wirtschaft des 'Dritten Reiches' vor Gericht stellten, standen lange Zeit im Schatten des ersten, sogenannten Hauptkriegsverbrecherprozesses. Und doch sollten die Verfahren der Nürnberger Militärtribunale historisch wie juristisch eine erhebliche Wirkmacht entfalten. Denn die Ermittler und Staatsanwälte stellten sich eine hochkomplexe Aufgabe: Es sollten nicht nur die Verantwortlichen auch jenseits der unmittelbaren Täter zur Rechenschaft gezogen und juristische Präzedenzfälle geschaffen, sondern zugleich sollte eine historisch korrekte Lesart der natio nalsozialistischen Herrschaft etabliert werden. Recht, Gerechtigkeit und Geschichte sollten Hand in Hand gehen. In der Umsetzung stieß dieses ambitionierte Vorhaben auf zahlreiche Probleme: praktische Schwierigkeiten der Beweisführung, kontroverse historische Interpretationen im Gerichtssaal, die wachsende Ablehnung der Verfahren in der deutschen und US-amerikanischen Öffentlichkeit sowie der beginnende Kalte Krieg.