Erstmals werden in diesem Buch die sexuellen und erotischen Motive in Robert Walsers »Jakob von Gunten« zum zentralen Gegenstand gemacht. Angesichts der aktuellen Debatte um den Missbrauch in pädagogischen Institutionen erscheint der Roman von 1909 auf überraschende Weise als Provokation: Bildung als Selbstexperiment jenseits der Norm. Robert Walsers Romanheld zeigt uns, dass dies möglich ist. Entschlossen, »von aller hochmütigen Tradition abzufallen«, tritt er in eine Dienerschule ein. Seine Existenz ist demütig und eigensinnig zugleich. In Konfrontation mit dem Schulleiter führt sie in die Nähe eines Tabus, zu einer erotisch aufgeladenen Lehrer-Schüler-Beziehung, bei der unklar bleibt, wer dominiert.
Petra Moser zeigt die Entstehungsgeschichte des Textes auf und fragt nach dem bildungstheoretischen Gehalt dieses radikalen Anti-Bildungsromans - unter Einbeziehung bisher nicht erschlossener Quellen und unpublizierter Briefe Robert Walsers.