Im vorliegenden Band wird versucht zu zeigen, wie das Musikdrama Der Ring des Nibelungen neu gelesen werden kann: Ein philologischer Zugriff bietet erstens neue Deutungsangebote des deutschen Ausgangstextes des Rings, die in der bisherigen Wagner-Forschung nicht thematisiert worden sind. Demnach kann Wagner als Philologe begriffen werden, der konsequent sprachgeschichtliche Sinnstiftung betreibt, indem er den – diachron gesehen – polysemischen Bedeutungsgehalt bestimmter inhaltlicher Schlüsselwörter kontinuierlich zum Ausdruck der Komplexität von Liebe nutzt. Weiter werden zum ersten Mal drei vollständige polnische Ring-Übersetzungen (Bandrowski 1903-1910, ?ukasiewicz 1988-1989 und Marzec 2004-2006) in ihrer Beziehung zum analysierten Ausgangstext untersucht. In diesem Teil der Untersuchung wird das bisher kaum gesehene Problem der ‚cross-temporalen‘ Übersetzung zentral, dem sich mittels einem Vergleich der Deutungsangebote von Liebe im Ausgangstext und den Übersetzungen genähert wird.