Vom Attentat geht ein Reiz aus, der der allgemein menschlichen Faszination am Ausnahmezustand entgegenkommt. In dem Zusammenprall zweier Gegensätze, dem von Opfer und TäterIn, Macht und Machtlosigkeit, Ahnungslosigkeit und planerischer Absicht, liegt der Kern des politischen Mordes, an dem sich die kulturellen Repräsentationen abarbeiten. Dass die Attentäterin mit ihrer blutigen Tat den Zuschreibungen zu ihrem Geschlechtscharakter zuwider handelt, unterscheidet sie von ihrem männlichen Gegenstück. Die für das Attentat wesentliche Form der tödlichen Omnipotenz, verbunden mit unpersönlichen und abstrakten Handlungsmotiven, laufen der der ‚Weiblichkeit‘ zugeschriebenen Immanenz genauso entgegen wie der Friedfertigkeit, die den Frauen als Lebensspenderinnen traditionell nachgesagt wird.

Wie gehen literarische Texte mit solchen Ausnahmefiguren um? Diese Frage beantwortet die vorliegende Studie, indem sie in den deutschsprachigen Texten die rhetorische Verfasstheit der Attentäterin von der konkreten Ausgestaltung der Tatvorgänge, über das konstruierte weibliche Attentatssubjekt bis hin zu den Verortungen des weiblichen Attentats verfolgt. Hierbei stehen die Frauenfiguren Judith, Charlotte Corday und Ulrike Meinhof im Mittelpunkt. Die Gemeinsamkeiten dieser drei Stoffe und ihrer Darstellungsweisen über Gattungsgrenzen und Jahrhunderte hinweg bilden den Ausgangspunkt, um den kulturellen Deutungsmustern im Zusammenhang mit der Attentäterin nachzugehen.