Der Aufstieg des Netzwerks zur Leitmetapher der Spätmoderne ist kein Zufall. Die semantische Revolution korrespondiert mit dramatischen Verwerfungen in der Gegenwartsgesellschaft. Die Mobilisierung der Bevölkerung führt zum Zerfall der Milieus, die teilsystemische Entkopplung wird dysfunktional, der Finanzmarktkapitalismus pulverisiert das fordistische Zeitregime, nationalstaatliche Grenzen verblassen, technische Artefakte verschmelzen mit den Alltagspraktiken und die domestizierte Natur kehrt in Form von schmelzenden Gletschern, tödlichen Flutwellen, hybriden Viren und vergifteten Atmosphären in die Gesellschaft zurück. Die Soziologie hat diese Entwicklungsdynamik übersehen, weil sie noch immer mit den Werkzeugen ihrer Gründerväter arbeitet. Der tradierte Begriffsapparat hat sie blind gemacht für die rasante Verwandlung der Welt. Die Soziologie braucht dringend ein Upgrade, sonst degeneriert sie zum Antiquariat.
Das Buch startet mit einer vergleichenden Lektüre von Akteur-Netzwerk-Theorie (Bruno Latour) und Social Network Analysis (Harrison White), um durch die Kollision der wichtigsten Netzwerkmodelle herauszufinden, was ein Netzwerk ist. Von hier aus wird eine integrative Netzwerktheorie gebraut, die den etablierten Paradigmen Konkurrenz machen soll. Beobachtungsleitende Dualismen (Kultur/Natur, Wahrheit/Konstruktion, Freiheit/Determination, Individuum/Gesellschaft) werden auf ihr Haltbarkeitsdatum geprüft und durch adäquatere Konzepte ersetzt. Ziel ist es, den Mehrwert der Netzwerkforschung präzise auszuweisen. Die Untersuchung schließt mit einer gesellschaftstheoretischen Abhandlung über die Gründe für den aktuellen Netzwerkboom. Netzwerke erweisen sich dabei als Strukturen in der Bauphase, als temporäre Übergangsstadien während der Genese des Sozialen im hereinbrechenden 'Zeitalter der Komposition'.