Dieses Heft soll die Situation der stationären Versorgung in der Universitätsstadt Greifswald in der Schwedenzeit und während der Oberhoheit Preußens beschreiben. In oft schwierigen Konstellationen zwischen Stadt, Provinz und Universität entwickelten sich die ersten stehenden und ambulatorischen Kliniken. Mit der Übernahme der staatlichen Verantwortung durch Preußen gab es einen deutlichen Aufschwung beim Bau medizinischer Einrichtungen für die Universität. Dazu gehörte auch das Universitätskrankenhaus. Die Grundsteinlegung erfolgte im Rahmen der 400-Jahrfeier der Universität 1856, die Inbetriebnahme der neuen Einrichtung konnte bereits drei Jahre später beginnen. In diesen Prozess sehen wir neben dem Chirurgen, Prof. Bardeleben, von internistischer Seite drei Universitätsprofessoren involviert. Prof. Berndt war 1853 an der Eingabe an den zuständigen Minister von Raumer federführend beteiligt. Nach seinem Tod im Jahre 1854 nahm interimistisch Prof. Haeser an den vorbereitenden Verhandlungen zwischen Universität und Ministerium teil. Der als Nachfolger von Berndt berufene Prof. Niemeyer war dann bereits bei der Grundsteinlegung anwesend und übernahm mit Bardeleben die Direktion des Universitätskrankenhauses nach der Inbetriebnahme. Das Management erfolgte auf der Grundlage verschiedener Regularien. Im "Reglement." wird bei der Beschreibung des Zweckes der Anstalt die Rolle des neuen Universitätskrankenhauses als "universitäre Einrichtung und öffentliche Heilanstalt" betont. Detaillierte Beschreibungen der Rechte und Pflichten der Direktion, der jeweiligen Lehrer der Chirurgie und Medizin sowie des Verwaltungsinspektors sind aufgeführt. Die Instruktionen für die Assistenz- und Unterärzte zeigen ein fast militärisch anmutendes Regime. Assistenten mussten von Tag zu Tag mit dem Unterarzt der benachbarten Station wechselseitig ganztägig im Krankenhaus Dienst tun und als Konsequenz dieser Pflicht im Krankenhaus auch wohnen. Kulturgeschichtlich interessant ist das Speiseregulativ. Die zu Beköstigenden sind noch streng nach "Klassen" geteilt und haben ihren Platz an drei verschiedenen Tischen. Für Verwunderung dürfte heute sorgen, was an "Getränken" aufgeführt ist. Nicht nur, dass das "gewöhnliche Getränk der Kranken Wasser (ist)", sondern neben Haferschleim und Milch auch Bier, Branntwein und Wein dazu gehören. Da Niemeyer Greifswald bereits 1860 verließ, um einen Ruf nach Tübingen anzunehmen, ist hier noch sein Nachfolger Prof. Hugo Rühle mit einbezogen. Ihm verdanken wir einen anschaulichen Bericht über die Arbeitsprozesse im neuen Krankenhaus während der ersten Jahre nach dem Einzug der medizinischen und chirurgischen Abteilung.